Alle Kinder haben dieselben Rechte – Kindergrundsicherung muss auch Geflüchtete einschließen 

Im Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung, der heute im Bundeskabinett verabschiedet werden soll, werden von vornherein Kinder ausgeschlossen, die Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes erhalten. Mehr als 20 zivilgesellschaftliche Organisationen fordern die Regierungskoalition auf, den Vorgaben aus der UN-Kinderrechtskonvention gerecht zu werden und alle in Deutschland lebenden Kinder in die Kindergrundsicherung aufzunehmen. 

„Die Kinderrechtskonvention verbietet eine Diskriminierung von Kindern aufgrund von Herkunft und Aufenthaltsstatus. Alle Kinder haben dieselben Rechte – etwa auf gesundes Aufwachsen, soziale Teilhabe und die Wahrung des menschenwürdigen Existenzminimums. Deshalb muss die Kindergrundsicherung eine Leistung für alle Kinder in Deutschland sein. Schon jetzt haben geflüchtete Kinder schlechtere Startchancen. Wir fordern Regierung und Parlament auf, sicherzustellen, dass geflüchtete Kinder in keiner Weise weiter benachteiligt werden“, so die Organisationen in einem gemeinsamen Statement.  

Michael Groß, Vorsitzender des AWO-Präsidiums, fügt hinzu: „Es macht fassungslos, dass nicht alle Kinder gleich, sondern je nach Herkunft unterschiedlich behandelt werden sollen. Nun wird Kindern und Jugendlichen, die derzeit Asylbewerber-Leistungen erhalten, sogar noch der erst letztes Jahr eingeführte Sofortzuschlag gestrichen. Die Begründung des Bundesfinanzministers, keine falschen Anreize durch die weitere Auszahlung des Zuschlags zu setzen, ist nicht nur ungerecht, sondern entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage. Die Annahme, dass Menschen für einen Zuschlag von 20 Euro ihr Heimatland verlassen und die gefährliche Flucht auf sich nehmen, ist an Zynismus kaum zu überbieten. Menschen fliehen wegen Krieg oder politischer Verfolgung in ihrem Herkunftsland und nicht für den Bezug von Sozialleistungen. Im Gegenteil erwartet diese Kinder oft die Erfahrung, von vornherein ausgegrenzt zu sein. Wir fordern die Bundesregierung auf, statt Ausgrenzung für mehr Teilhabe zu sorgen. ”  

“Ab jetzt ist der Bundestag am Zug”, so Groß abschließend. “Wir fordern alle Abgeordneten dringend auf, Verbesserungen in dem Gesetzesentwurf anzugehen und allen Kindern und Jugendlichen, die in Deutschland aufwachsen, eine gute, einfache und auskömmliche Kindergrundsicherung bereitzustellen.“  
 
Hintergrund:  

  • Die UN-Kinderrechtskonvention (KRK) ist in Deutschland für alle Kinder gleichermaßen gültig. Den Vorbehalt, gemäß dem die Verpflichtungen der KRK nicht gegenüber ausländischen Kindern gelten sollten, hat Deutschland 2010 aufgegeben. Gemäß Artikel 2 der Konvention ist damit jede Diskriminierung aufgrund der Herkunft und des Aufenthaltsstatus der Kinder ausgeschlossen. Bei allen politischen Maßnahmen ist zudem das Wohl aller Kinder gemäß Artikel 3 vorrangig zu berücksichtigen.  
  • Die bei der Kindergrundsicherung geplante Bündelung sozialpolitischer Leistungen umfasst die kinderspezifischen Regelsätze des Bürgergeldes (SGB II) und der Sozialhilfe (SGB XII), nicht jedoch die des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG).  
  • Die Regelsätze des AsylbLG sind noch niedriger (zwischen 278 Euro und 374 Euro im Jahr 2023 für Kinder und Jugendliche, altersgestaffelt) als die ohnehin zu niedrigen Regelsätze in den anderen Grundsicherungssystemen (318 bis 420 Euro). Aus Sicht der unterzeichnenden Organisationen widerspricht dies dem Gleichbehandlungsgrundsatz, der auch und insbesondere für das menschenwürdige Existenzminium gelten sollte. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in einem Grundsatzurteil im Jahr 2012 klargestellt, dass die Menschenwürde nicht durch migrationspolitische Erwägungen relativiert werden darf. Gemäß dem BVerfG ist die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ein Menschenrecht, das durch Art.1 Abs. 1 Grundgesetz garantiert wird. 
  • Mit der Einführung der Kindergrundsicherung entfällt zudem der Kindersofortzuschlag von 20 Euro, den bisher auch Kinder im AsylbLG erhalten haben. In der Kindergrundsicherung soll dies durch Anpassungen der Regelbedarfe ausgeglichen werden. Berichten zufolge entfällt der Kindersofortzuschlag für Kinder im AsylbLG im Regierungsentwurf des Kindergrundsicherungsgesetzes hingegen ersatzlos.   


Die folgenden Organisationen haben sich dem gemeinsamen Statement angeschlossen:  
•    Arbeitsgemeinschaft Migrationsrecht im Deutschen Anwaltverein 
•    ARBEITSKREIS ASYL TRIBSEES der evangelischen Kirchengemeinde 
•    AWO Bundesverband e.V. 
•    Bundesweite Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e.V. (BAfF e.V.) 
•    Der Kinderschutzbund Bundesverband e.V. 
•    Der Paritätische Gesamtverband 
•    Deutsche Gesellschaft für systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF e.V.) 
•    Deutsches Kinderhilfswerk e.V. 
•    Diakonie Deutschland 
•    Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) 
•    Internationaler Bund (IB) - freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit e.V. 
•    JUMEN e.V 
•    Neue Richtervereinigung e.V. (NRV) 
•    PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V. 
•    Save the Children Deutschland e.V. 
•    SOS-Kinderdorf e.V. 
•    Sozialverband Deutschland e.V. (SoVD) 
•    terre des hommes Deutschland e.V. 
•    Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. 
•    Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V. 
•    Volkssolidarität Bundesverband e.V. 
•    World Vision Deutschland e.V. 
•    Zukunftsforum Familie e.V. 
 

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